Sehr geehrter Herr Kollege
Ich beziehe mich auf Ihr Schreiben vom 22. September 2015. Wie bereits im Schreiben an […] vom 11. September 2015 mitgeteilt, vertrete ich […] und […] einzig in den hängigen Gerichtsverfahren bzw. im Schlichtungsverfahren SFE […]. Ich bitte Sie daher, fortan mit Bezug auf allfällige aussergerichtliche Vergleichsgespräche oder sonstige die Erbengemeinschaft betreffende Angelegenheiten direkt mit […] Kontakt aufzunehmen. Ich habe mir daher erlaubt, Ihr Schreiben an unsere Klientschaft weiterzuleiten.
Der guten Ordnung halber möchte ich zu Ihrem Schreiben Folgendes anmerken: Mit Bezug auf das von […] eingeräumte Wahlrecht verweise ich auf meine Ausführungen im Schlichtungsgesuch vom 15. Juni 2015 (Rz. 8 ff.). Entgegen Ihrer Auffassung gibt der Ehe- und Erbvertrag nicht lediglich die gesetzliche Regelung von Art. 531 ZGB wieder. Entsprechendes geht aus dem Ehe- und Erbvertrag nicht hervor. Vielmehr wurde in Ziff. 3.2 des Ehe- und Erbvertrages folgendes festgehalten:
Den Nachkommen des erstversterbenden Ehegatten steht es jedoch frei, bereits bei dessen Tode den Pflichtteil zu verlangen.
Es folgen weitere Anordnungen, insbesondere Teilungs. vorschriften (Ziff. 3.3 des Ehe- und Erbvertrages). Sämtliche Parteien – inklusive das involvierte Gericht – sind bis im Frühjahr 2015 aufgrund dieses Wortlautes und dem ausgeübten Wahlrecht von der Erbenstellung von […] ausgegangen. Das im Ehe- und Erbvertrag eingeräumte Wahlrecht steht zudem im Einklang mit dem Prinzip der materiellen Höchstpersönlichkeit (vgl. dazu PraxKomm Erbrecht Art. 498 N 27 und insbesondere auch die Zulässigkeit des Wahlrechts im Zusammenhang mit Art. 473 ZGB). Entsprechend sind […] entgegen Ihren Ausführungen nicht nur virtuelle Erben, sondern Erben im Nachlass von […] sel.
Eine Herabsetzungsklage ist damit nur für den Fall notwendig, dass ein Gericht wider Erwarten zu einer anderen Auslegung des Ehe- und Erbvertrages kommen sollte. Eventualiter haben […] innert Frist die Herabsetzungsklage geltend gemacht. Zur Fristberechnung verweise ich auf Rz. 3 des Schlichtungsgesuches vom 15. Juni 2015. Der Ehe- und Erbvertrag wurde […] erstmals mit Eröffnung zur Kenntnis gebracht.
Da ihre Klientin nicht Alleinerbin ist, fordere ich Sie ebenfalls auf, sie darauf hinzuweisen, dass sie bis auf Weiteres nicht befugt ist, alleine über den Nachlass zu verfügen und insbesondere Vermögenswerte, namentlich Mietzinszahlungen auf andere Konten umzuleiten.
Dazu bräuchte Sie die Zustimmung meiner Klientschaft.
Mit freundlichen und kollegialen Grüssen
[…]
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