Begleitschreiben
Feststellungsklage betr. Erbenstellung / eventualiter Herabsetzungsklage im Nachlass von […] sel.
Sehr geehrte Damen und Herren
Hiermit reiche ich namens und im Auftrag der Kläger eine Feststellungs- bzw. eventualiter eine Herabsetzungsklage im Nachlass von […] sel. ein (beiliegend). Die vorliegende Klage musste aufgrund laufender Verwirkungsfristen eingereicht werden.
Die Kläger und die Beklagte haben kurz vor Fristablauf Vergleichsverhandlungen aufgenommen. Vor diesem Hintergrund ersuche ich Sie höflich, das Verfahren einstweilen bis auf weiteres sogleich zu sistieren. Die Beklagte ist mit der Sistie-rung einverstanden. In der Beilage finden Sie das entsprechende Schreiben von RA […] dem Vertreter der Beklagten.
Weiter ersuche ich das Gericht, einstweilen aufgrund der Sistierung keinen Kostenvorschuss zu verlangen.
Ich ersuche höflich um antragsgemässes prozessuales Vorgehen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
[…]
KLAGEBEGRÜNDUNG
Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren Bezirksrichterinnen und Bezirksrichter
In Sachen […] vertreten durch […] gegen […] betreffend Feststellung Erbenstellung/Eventualiter Herabsetzung im Nachlass von […] sel.
reiche ich hiermit namens und im Auftrag der Kläger
Klage
ein mit den folgenden
Rechtsbegehren:
Es sei festzustellen, dass die Kläger an dem nach Durchführung der güterrechtlichen Auseinandersetzung verbleibenden Nachlassvermögen des am […] verstorbenen […] geb. am […] von […] zuletzt wohnhaft gewesen in […] durch Ausübung des ihnen im Ehe- und Ehevertrag vom xx. xxx 1990 eingeräumten Gestaltungsrechts, den Pflichtteil zu verlangen, Erbenstellung erlangt haben und zu je 1/8 (ein Achtel) am Nachlass berechtigt sind.
Eventualiter seien die Zuwendungen an die Beklagte im Ehe- und Erbvertrag vom xx. xxx 1990 und insbesondere auch die pflichtteilsverletzende Vorschlagszuweisung auf jenen Bruchteil ihres Wertes herabzusetzen, der der Klägerin 1 und dem Kläger 2 ihren vollen Pflichtteil von ie einem Achtel des Gesamtnachlasses verschafft.
Zu diesem Zweck sei vorab die güterrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen und danach der Teilungswert des Gesamtnachlasses unter Hinzurechnung der ausgleichungspflichtigen oder der Herabsetzung unterliegenden lebzeitigen Zuwendungen festzustellen, soweit erforderlich durch Einholung von Bewertungsgutachten, und es sei auf der Grundlage des so ermittelten Gesamtwertes die Verhältniszahl festzusetzen, um welche die angefochtenen Zuwendungen herabgesetzt werden müssen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MwSt. zu Lasten der Beklagten.
Begründung:
VORBEMERKUNGEN
Bei der vorliegenden Streitigkeit geht es um einen Konflikt zwischen der zweiten Ehefrau des Erblassers (Beklagte) und den zwei Kindern des Erblassers aus dessen erster Ehe (Kläger).
Der Erblasser, […] geb. am […] von […] (nachfolgend „der Erblasser»), verstarb am […]. Er hinterliess die folgenden gesetzlichen Erben bzw. Pflichtteilserben: die Beklagte, die Kläger als Nachkommen aus der ersten Ehe des Erblassers und den gemeinsamen Sohn des Erblassers und der Beklagten, […] geb. […] wohnhaft […] (nachfolgend [..]).
Im Ehe- und Erbvertrag vom xx. xxx 1990 (nachfolgend „Ehe- und Erbvertrag») setzten sich die Ehegatten […] gegenseitig als Alleinerben ein. Sodann erliessen sie Teilungsvorschriften und setzten die Nachkommen des Erblassers sowie die Nachkommen der Beklagten, […] und […], als Nacherben auf den allfälligen Überrest sowie den gesamten Nachlass des zweitversterbenden Ehegatten ein.
Gleichzeitig wurde jedoch den Nachkommen des erstversterbenden Ehegatten – vorliegend des Erblassers – im Ehe- und Erbvertrag das Recht eingeräumt, bei dessen Tod den Pflichtteil zu verlangen (Ehe- und Erbvertrag Art. 3.2.). Im Erbvertrag finden sich zudem für den Fall, dass ein Nachkomme den Pflichtteil verlangt, weitere Anordnungen, insbesondere Teilungsvorschriften (Ehe- und Erbvertrag Art. 3.3.).
Die Kläger haben von dem ihnen im Ehe- und Erbvertrag eingeräumten Gestaltungsrecht, den Pflichtteil beim Tod des Erblassers zu verlangen, Gebrauch gemacht und mit Schreiben an die Beklagte und […] vom 19. Juni 2014 den Pflichtteil verlangt. Die Wahl des Pflichtteils wurde überdies auch in diversen Eingaben an das Bezirksgericht Höfe kommuniziert.
Seit Ausübung des Wahlrechts wurden die Kläger sowohl von Seiten des angerufenen Gerichts als auch von Seiten der Beklagten als Erben bzw. Pflichtteilserben behandelt. So verlangten die Kläger das Öffentliche Inventar, die Erstreckung der Ausschlagungsfrist und sie holten eine Auskunftsbescheinigung ein. Das Begehren betreffend Öffentliches Inventar musste nicht materiell geprüft werden. Die anderen Begehren wurden gutgeheissen. Dies sind alles Massnahmen, welche nur Erben, nicht jedoch virtuellen Erben zustehen.
In der Bescheinigung für Auskunft hielt der Einzelrichter fest:
Bis heute ist keine letztwillige Verfügung zur amtlichen Eröffnung eingereicht worden, welche die gesetzlichen Erben vom Erbrecht ausschliessen würde.
Auch in der Verfügung vom 14. August 2014 betreffend Erstreckung der Ausschlagungsfrist stellte der Einzelrichter fest:
Die Gesuchsteller sind als Nachkommen des Erblassers gesetzliche Erben und Pflichtteilserben.
Auch die Beklagte kam ihrer im materiellen Erbrecht verankerten Pflicht zur Auskunftserteilung an die Miterben mindestens teilweise und ohne Einwände nach. Jedenfalls wurde der Einwand, die Kläger seien trotz Wahlerklärung nicht Erben geworden, nicht erhoben. In einem Schreiben an das Bezirksgericht Höfe hielt die Beklagte sogar fest:
Mir liegt aber sehr daran, dass die Teilung so schnell als möglich durchgeführt werden kann. Ich bitte Sie daher höflich, die Frist zur Erbausschlagung nicht noch einmal zu verlängern.
Dies belegt, dass auch die Beklagte den Ehe- und Erbvertrag so verstand, dass die Kläger mit Ausübung des Gestaltungsrechts zu Erben bzw. Pflichtteilserben geworden sind, also keine nur virtuellen Erben sind.
Erst knapp ein Jahr nach dem Tod des Erblassers, am 5. März 2015, und kurz vor Ablauf der Verwirkungsfrist betreffend Herabsetzungsklage, stellte sich die Beklagte im Zusammenhang mit der Ausstellung der Erbscheine plötzlich und überraschend auf den Standpunkt, die Kläger müssten zur Erlangung der Erbenstellung gerichtlich die Herabsetzung verlangen.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2015 teilte der Einzelrichter des Bezirksgerichts Höfe mit, dass bis zum unbenutzten Ablauf der Verwirkungsfristen der erbrechtlichen Klagen bzw. bis zu einem rechtskräftigen Urteil über die Erbenstellung keine Erbbescheinigung ausgestellt wird.
Damit blieb den Klägern zur Wahrung ihrer Rechte keine andere Wahl, als die vorliegende Feststellungs- bzw. eventualiter Herabsetzungsklage einzureichen, dies obwohl sie an einer gütlichen aber fairen Lösung stets interessiert waren. Aus dem Erbvertrag geht hervor, dass der Erblasser keine Pflichtteile verletzen wollte. Davon ging auch die Beklagte bis kurz vor Einleitung dieser Klage aus. Aufgrund des überraschenden Sinneswandels bei der Beklagten wird es nun notwendig, diesen Prozess über die Frage der Erbenstellung zu führen bzw. eventualiter über die Herabsetzung.
FORMELLES
Vollmacht
Die Unterzeichnende ist gehörig bevollmächtigt.
Die Kläger offerieren für ihre Sachdarstellung den rechtsgenüglichen Beweis soweit und sooft sie die Beweislast trifft. Sie behalten sich ausdrücklich vor, weitere Beweismittel zu offerieren bzw. einzureichen.
Örtliche und sachliche Zuständigkeit
Im Hauptbegehren soll die Erbenstellung festgestellt und im Eventualbegehren die pflichtteilsverletzende Verfügungen herabgesetzt werden. Sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren sind Klagen erbrechtlicher Natur.
Für erbrechtliche Klagen ist das Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig (Art. 28 Abs. 1 ZPO). Der Erblasser hatte seinen letzten Wohnsitz an der […]. Gestützt auf Art. 28 Abs. 1 sind damit die Gerichte des Bezirks Höfe örtlich zuständig.
Bei der vorliegenden Streitigkeit handelt es sich um eine solche vermögensrechtlicher Natur. Der Streitwert liegt über CHF 30’000 (vgl. nachfolgend Rz. 12 ff.). Das angerufene Gericht ist gestützt auf Art. 219 ZPO i.V.m. § 31 Abs. 1 Justizgesetz SZ auch sachlich zuständig.
Prosequierungsfrist
Gestützt auf Art. 209 Abs. 3 ZPO berechtigt die Klagebewilligung nach Eröffnung während dreier Monate zur Einreichung der Klage beim Gericht. Die Frist beginnt ab Zustellung und steht während den Gerichtsferien still. Der Beginn der Frist bestimmt sich gemäss Art. 142 Abs. 1 ZPO.
Die Klagebewilligung vom 30. Oktober 2015 wurde den Klägern am 2. November 2015 zugestellt. Der Fristenlauf begann somit gestützt auf Art. 142 Abs. 1 ZPO am 3. November 2015. Bei Monatsfristen endet die Frist im letzten Monat an dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann (Art. 142 Abs. 2 ZPO). Damit würde die Frist – ohne Berücksichtigung der Gerichtsferien – am 3. Februar 2016 enden. Unter Berücksichtigung der Gerichtsferien vom 18. Dezember 2015 bis zum 02. Januar 2016 verlängert sich diese Frist um 16 Tage und endet somit am 19. Februar 2016. Die heutige Eingabe erfolgt damit innert Frist.
Klageergänzung
Gemäss Art. 227 Abs. 1 lit. a ZPO ist eine Klageänderung zulässig, wenn der geänderte oder neue Anspruch nach der gleichen Verfahrensart zu beurteilen ist und mit dem bisherigen Anspruch in einem sachlichen Zusammenhang steht.
Das vorliegend neu gestellte Feststellungsbegehren gemäss Ziffer. 2.2 dient einzig dazu, die Berechnung der Herabsetzung konkret durchzuführen und um den Streitwert festzustellen. Diese Klageergänzung ist ohne weiteres zulässig, zumal sie in einem sachlichen Zusammenhang mit dem bereits im Rahmen des Schlichtungsgesuchs geltend gemachten Herabsetzungsbegehren steht.
Unbezifferte Klage
Art. 85 Abs. 1 ZPO sieht vor, dass wenn es der klagenden Partei unmöglich oder unzumutbar ist, ihre Forderung bereits zu Beginn des Prozesses zu beziffern, so kann sie eine unbezifferte Forderungsklage erheben. Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung ist die Forderung zu beziffern, sobald die klagende Partei nach Abschluss des Beweisverfahrens oder nach Auskunftserteilung durch die beklagte Partei dazu in der Lage ist.
Bei den vorliegenden Klagen handelt es sich um Feststellungs- bzw. Gestaltungsklagen (Herabsetzungsklage). Art. 85 ZPO kommt jedoch analog auch vorliegend zur Anwendung, da es den Klägern nicht möglich ist, die Ansprüche bereits bei Klage einleitung konkret zu beziffern bzw. den Pflichtteil zu berechnen und die Verhältnis-zahl festzusetzen, um welche die angefochtenen Zuwendungen herabgesetzt werden müssen. Entsprechend ist den Klägern nach Abschluss des Beweisverfahrens Frist zur Stellungnahme und allfälligen weiteren Substantiierung ihrer Ansprüche anzusetzen.
Streitwert
Grundsätzliche Bemerkungen zum Streitwert
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bildet das ganze Teilungsvermögen den Streitwert, wenn der Teilungsanspruch an sich streitig ist. Betrifft die Streitfrage dagegen – wie vorliegend – nur den Anteil eines am Gesamtnachlass Berechtigten, stellt lediglich dessen im Streit stehendes Betreffnis den Streitwert dar. Bei einer Klage mit Haupt- und Eventualbegehren gilt, dass der Anspruch mit dem höheren Streitwert massgebend ist, d.h. gegebenenfalls bestimmt das Eventualbegehren den Streitwert.
Vorliegend geht es im Hauptbegehren um eine Klage um Feststellung der Erbenstellung. Entsprechend stellt der potenzielle Prozessgewinn des Klägers den Streitwert dar. Dieser entspricht vorliegend dem Pflichtteil der Kläger.
Auch bei der Herabsetzungsklage – dem Eventualbegehren – ist der massgebliche Streitwert der potenzielle Prozessgewinn des Klägers, d.h. der Wert seines Pflichtteils bzw. der Betrag, um welchen die Zuwendungen an den Beklagten im Falle der Gutheissung der Klage herabgesetzt werden. Anders gesagt, bestimmt sich der Streitwert nach dem Betrag, um den sich der Erbanspruch des Klägers bei Gutheissung der Herabsetzungsklage erhöhen würde.
Der Streitwert für die Feststellungsklage sowie für die eventualiter geltend gemachte
Herabsetzungsklage ist vorliegend identisch.
Die Höhe des Streitwertes ist einstweilen nicht bestimmbar
Vorliegend ist der Streitwert einstweilen nicht bestimmbar, da zur Berechnung der Pflichtteile einstweilen noch verschiedene Angaben fehlen und insbesondere auch die Verkehrswerte der Liegenschaften gutachterlich zu bestimmen sind. Der vorläufige Streitwert wird einstweilen auf mindesten CHF 60’000 beziffert.
SACHVERHALT
Feststellungsklage
Einleitung
Es ist einstweilen gerichtlich nur die Auslegung des Ehe- und Erbvertrages und die Wirkung der Wahlerklärung der Kläger festzustellen. Da die Kläger der Ansicht sind, Erbenstellung erlangt zu haben, müssen sie prozessual vorab mittels Feststellungsklage vorgehen. Es ist den Klägern vor dem Hintergrund, dass die Beklagte die Erbenstellung der Kläger bestreitet, nicht zuzumuten, diese Rechtsunsicherheit weiterhin hinzunehmen. Es ist zudem anzunehmen, dass, sobald die Frage der Erbenstellung gerichtlich geklärt ist, eine aussergerichtliche Teilung des Nachlasses möglich sein wird. Daher wäre es verfrüht, bereits heute eine mit erheblichen Kosten verbundene Erbteilungsklage einzuleiten und die Erbteilung dann gerichtlich durchzufechten.
Frist Feststellungsklage
Für die vorliegend eingereichte Feststellungsklage bestehen keine Verjährungs- bzw. Verwirkungsfristen; sie kann jederzeit eingereicht werden. Ergänzend ist anzumerken, dass die Kläger das ihnen im Ehe- und Erbvertrag eingeräumte Gestaltungsrecht am 19. Juni 2014 – und damit innert der Verwirkungsfrist von Art. 533 ZGB bzw. kurz nach dem Tod des Erblassers – ausübten (vgl. dazu vorstehend Rz. 6).
Legitimation
Aktivlegitimation
Jede Person, die ihre eigene Erbenqualität behauptet, ist aktivlegitimiert. Die Kläger sind der Ansicht, dass sie durch die Wahl des Pflichtteils gestützt auf das ihnen im Ehe- und Erbvertrag eingeräumte Wahlrecht Erben bzw. Pflichtteilserben geworden sind. Dies wird von der Beklagten bestritten. Die Kläger sind damit ohne Weiteres aktivlegitimiert.
Passivlegitimation
Passivlegitimiert sind alle übrigen Erben als notwendige Streitgenossenschaft. Vorliegend ist die Beklagte die einzige Erbin. Der gesetzliche Erbe […] ist Nacherbe. Er hat als solcher keine Erbenstellung, sondern lediglich eine Anwartschaft auf den Erwerb von den Vorerben im Nacherbfall. Damit richtet sich die Feststellungsklage einzig gegen die Beklagte.
Feststellungsinteresse
Grundsätzliches
Gemäss Art. 88 ZPO verlangt mit der Feststellungsklage die klagende Partei die gerichtliche Feststellung, dass ein Recht oder Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. Ein Feststellungsinteresse liegt vor, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien ungewiss sind, die Ungewissheit durch die Feststellung über Bestand und Inhalt des Rechtsverhältnisses beseitigt werden kann und ihre Fortdauer der Klagepartei nicht zugemutet werden kann, weil sie sie in ihrer Bewegungsfreiheit behindert.
Die Kläger sind durch ihre Wahl des Pflichtteils am 19. Juni 2014 bzw. durch Ausübung des Gestaltungsrechts zu Erben bzw. Pflichtteilserben geworden und haben damit auch Erbenstellung erlangt. Die Beklagte behauptet, dass dies nicht der Fall sei und zur Erlangung der Erbenstellung die Herabsetzungsklage notwendig sei.
Diese Rechtsunsicherheit ist von den Klägern nicht hinzunehmen, weil einerseits mit der Ausstellung eines potentiell falschen Erbscheins der Nachlass verändert werden kann. Daneben ist es auch nicht möglich, die Teilung des Nachlasses in Angriff zu nehmen, wenn sich die Beklagte auf den Standpunkt stellt, die Kläger seien gar nicht Erben. Vorliegend haben die Kläger somit ein erhebliches schutzwürdiges Interesse an der Feststellung ihrer Erbenstellung, da diese rechtliche Ungewissheit durch die richterliche Feststellung behoben werden kann. Es stünde den Klägern zwar auch die Erbteilungsklage als Gestaltungsklage zur Verfügung, in deren Rahmen die Erbenstellung ebenfalls festgestellt wird. Vorliegend ist es den Klägern jedoch nicht zuzumuten, bereits im heutigen Zeitpunkt eine Erbteilungsklage einzuleiten. Dies aus Überlegungen des Prozessrisikos und potentiellen Kosten. Es bildet nämlich das gesamte Teilungsvermögen den Streitwert, wenn der Teilungsanspruch an sich streitig ist. Dies ist vorliegend der Fall, da die Beklagte die Erbenstellung der Kläger und damit auch den Teilungsanspruch bestreitet.
Zudem haben sich die Erben über die Möglichkeiten und Modalitäten der Teilung des Nachlasses des Erblassers noch gar nicht eingehend ausgetauscht. Eine gerichtliche Austragung der Erbteilung wird voraussichtlich nicht notwendig sein, wenn rechtskräftig feststeht, dass die Kläger Erben sind. Es besteht damit einstweilen kein Anlass und ist den Klägern auch nicht zuzumuten, die Erbteilung bereits im jetzigen Zeitpunkt gerichtlich durchzufechten.
Es geht vorab einzig um die Frage der Auslegung des Ehe- und Erbvertrages und die Wirkung der Wahlerklärung der Kläger vom 19. Juni 2014. Genau für diese Konstellation ist die Feststellungsklage vorgesehen. Entsprechend ist auf die Feststellungsklage einzutreten.
Auslegung des Ehe- und Erbvertrags vom xx. xxx 1990: Mit der Wahlerklärung wird die Pflichtteilsverletzung beseitigt
Im Ehe- und Erbvertrag verfügten die Eheleute, dass der überlebende Ehegatte sowohl den gesamten Vorschlag beider Ehegatten als auch den gesamten Nachlass des Erstversterbenden als Alleinerben erhalten soll (Art. 3.1. des Ehe- und Erbvertrages). Es wurde weiter stipuliert, dass die Erbenstellung des überlebenden Ehegatten hinsichtlich des gesamten ihm beim Tode des Erstversterbenden anfallenden Vermögen sich auf die Stellung eines Vorerben im Sinne von Art. 488 ff. ZGB reduziert, und zwar in der Weise, dass ein allfälliger Überrest nach dem Tode des Zweitversterbenden an die Nacherben gemäss Ziff. 4 hiernach fällt (Art. 3.1. Abs. 2). Der Vorerbe wurde überdies von der Sicherstellungspflicht befreit (Art. 3.1. Abs. 3). In Art. 3.2. wurde im Erbvertrag Folgendes festgehalten:
„Den Nachkommen des erstversterbenden Ehegatten steht es jedoch frei, bereits bei dessen Tode den Pflichtteil zu verlangen. […]».
In Art. 3.3. werden die generellen und die Teilungsgrundsätze für den Fall festgesetzt, dass ein Erbe den Pflichtteil verlangt:
Der gesamte Nachlass des Erstversterbenden fällt unter Vorbehalt der Pflicht-teilsansprüche der widersprechenden Nachkommen an den überlebenden Ehegatten als eingesetzten Erben; ebenso fallen ihm im Rahmen der zu berücksichtigenden Pflichtteilsansprüche die beiden Vorschläge zu.
Im Sinne einer Teilungsvorschrift vereinbaren wir mit erbvertraglicher Bindung, dass der überlebende Ehegatte allfällige Pflichtteile in bar abgelten kann, während er befugt ist, alle Nachlassaktiven in natura an sich zu ziehen. […]. Die Übertragung erfolgt jeweils in Anrechnung auf die ehe- und erbrechtlichen Ansprüche des überlebenden Ehegatten. (…).
Hat ein gesetzlicher Erbe des vorverstorbenen Ehegatten die Teilung verlangt, sind dessen Ansprüche mit der Ausrichtung des Pflichtteiles aus dem Nachlass des vorverstorbenen vollumfänglich abgegolten. Beim Ableben des zweitversterbenden Ehegatten stehen ihm somit keine erbrechtlichen Ansprüche am Nachlass des überlebenden Ehegatten zu, […].
Die Kläger verlangten als gesetzliche Erben mit Schreiben vom 19. Juni 2014 den Pflichtteil und übten entsprechend den vorstehenden Bestimmungen das ihnen einge. räumte Gestaltungsrecht aus. Damit sind sie Erben im Nachlass des Erblassers geworden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich beim Wortlaut des Ehe- und Erbvertrages gerade nicht um eine Wiederholung der gesetzlichen Ansprüche eines Pflichtteilserben. Vielmehr enthält der Ehe- und Erbvertrag konkrete Teilungsvorschriften für den Fall der Ausübung des Wahlrechts. Insbesondere auch aus Art. 3.3. wird klar, dass mit der Wahlerklärung die Erbenstellung erlangt wird. Teilungsvorschriften machen nämlich nur dann Sinn, wenn der übergangene Pflichtteilserbe durch die Wahlerklärung nicht mehr virtueller Erbe ist, sondern als Erbe überhaupt an der Teilung partizipieren kann. In Art. 3.3. lit. c des Ehe- und Erbvertrages wird stipuliert: Hat ein gesetzlicher Erbe […) die Teilung verlangt […]. Ein Teilungsaspruch setzt allerdings die Erbenstellung voraus. Die Erbenstellung wird aufgrund der Systematik des Ehe- und Erbvertrages durch Ausübung des Gestaltungsrechts erlangt.
Obwohl die Gesuchsgegnerin im März 2015 plötzlich das Gegenteil behauptete, wird aus ihrem vorherigen Verhalten klar, dass auch sie bisher davon ausging, dass die Kläger aufgrund der Ausübung des Gestaltungsrechts als Erben bzw. Pflichtteilserben zu behandeln sind (vgl. dazu Rz. 2 ff. vorstehend).
Zwar sieht die Nachlassplanung eine Pflichtteilsverletzung vor. Die Nachkommen sollten jedoch die Möglichkeit haben, gleichwohl ihren Pflichtteil zu verlangen. Die Ansprüche der Nachkommen sind nämlich erst mit der „Ausrichtung des Pflichtteils aus dem Nachlass des vorverstorbenen» abgegolten. Solange eine solche Ausrichtung nicht stattgefunden hat, bestehen die Ansprüche weiterhin.
Die Feststellungsklage ist gutzuheissen
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Kläger durch die Wahlerklärung Erben geworden sind. Die Feststellungsklage ist daher gutzuheissen.
Eventualiter: Herabsetzungsklage
Für den Fall, dass wider Erwarten die Erbenstellung der Kläger gestützt auf den Ehe- und Erbvertrag kombiniert mit der Wahlerklärung vom 19. Juni 2014 verneint wer. den sollte, wird die Herabsetzung des Ehe- und Erbvertrages auf das erlaubte Mass verlangt.
Frist Herabsetzungsklage (Eventualbegehren)
Für die Herabsetzungsklage gilt gemäss Art. 533 Abs. 1 ZGB eine relative Verwirkungsfrist von einem Jahr ab Kenntnis der Verletzung der Rechte des Erben. 2 Die Einreichung eines Schlichtungsgesuches begründet Rechtshängigkeit (Art. 62 Abs. 1
ZPO) und erwirkt die materiellrechtliche Klageanhebung (Art. 64 Abs. 2 ZPO). Durch Einleitung des Prozesses werden somit die Verwirkungs- und Verjährungsfristen gewahrt, wobei die Einhaltung der Verwirkungsfrist an die Bedingung geknüpft ist, dass der Gesuchsteller die Instanz nicht verwirken lässt und diese fortführt, indem er seine Klage innert der in Art. 209 Abs. 3 und 4 ZPO vorgeschriebenen Frist einreicht.
Die Klägerin 1 erhielt mit Zustellung der Verfügung vom 13. Juni 2014 des Bezirksgerichts Höfe betreffend Testamentseröffnung (nachfolgend „Testamentseröffnungsverfügung») erstmals Kenntnis von dem zwischen der Beklagten und dem
Erblasser am xx. xxx 1990 abgeschlossenen Ehe- und Erbvertrag. Die Testamentseröffnungsverfügung ging bei der Klägerin 1 am 16. Juni 2014 ein. Beim Kläger 2 ging die Testamentseröffnungsverfügung am 17. Juni 2014 ein. Das am 15. Juni 2015 eingereichte Schlichtungsgesuch erfolgte damit innert Frist und mit der heutigen Klage wird das Verfahren innert Frist fortgeführt. Die unsubstantierten und unbelegten Behauptungen der Beklagten, die Kläger hätten bereits vor der Testamentseröffnung Kenntnis vom Inhalt des Ehe- und Erbvertrages gehabt, werden bestritten. Bezeichnenderweise hat die Beklagte bis heute keine entsprechenden Beweise vorgelegt.
Legitimation
Aktivlegitimation der Kläger
Aktivlegitimiert ist jeder in seinem Pflichtteil verletzte Erbe einzeln (Art. 522 Abs. 1 ZGB).? Gemäss Ziff. 3.1 des Ehe- und Erbvertrags erhält der überlebende Ehegatte den gesamten Vorschlag und Nachlass des erstversterbenden Ehegatten. Mit dieser Regelung wird der Pflichtteil der Nachkommen des Erblassers verletzt (vgl. Art. 471 Ziff. 1 ZGB). Die Kläger als Nachkommen des Erblassers sind darum zur Herabset-zungsklage aktivlegitimiert.
Passivlegitimation der Beklagten
Jede übermässig begünstigte Person (Miterbe, gesetzlicher oder eingesetzter Erbe etc.) ist einzeln passivlegitimiert.2 Gemäss Ziff. 3.1 des Ehe- und Erbvertrags erhält die Beklagte den gesamten Vorschlag und Nachlass des Erblassers. Mit dieser Regelung wird der Pflichtteil der Nachkommen des Erblassers verletzt (vgl. Art. 471 Ziff. 1 ZGB). Die Beklagte ist deshalb bezüglich der Herabsetzungsklage gemäss Art. 522 ff. ZGB passivlegitimiert.
Pflichtteil der Kläger ist verletzt; Zuwendung an Beklagte muss herabgesetzt werden
Die Kläger sind Nachkommen des Erblassers. Damit sind sie gemäss Art. 457 ff. i.V.m. Art. 471 ZGB pflichtteilsgeschützt. Sie haben je eine gesetzliche Erbberechtigung von einem Sechstel des Nachlasses; ihr Pflichtteilsanspruch beträgt je ein Achtel des Nachlasses.
Die Regelung in Ziff. 3.1 des Ehe- und Erbvertrags vom xx. xxx 1990, wonach der überlebende Ehegatte den gesamten Vorschlag und Nachlass des erstversterbenden Ehegatten erhält, verletzt die Pflichtteile der Kläger. Die Kläger beantragen deshalb dem Gericht, dass die Vorschlagszuweisung und die Einsetzung der Beklagten als Alleinerbin bzw. Vorerbin in dem Umfang herabgesetzt werden, dass die Pflichtteile der Kläger aufgefüllt sind. Damit die Verhältniszahl festgestellt werden kann, um die die Zuwendungen an die Beklagte herabgesetzt werden müssen, ist der Teilungswert des Gesamtnachlasses – dazu gehört auch der Saldo der güterrechtlichen Auseinandersetzung – festzustellen und es sind die für die Pflichtteilsberechnungsmasse notwendigen Hinzurechnungen vorzunehmen; es sind insbesondere die der Ausgleichung und Herabsetzung unterliegenden lebzeitigen Zuwendungen hinzuzurechnen. Erforderlich ist eine Rechnung nicht in Bruchteilen sondern in Geld. Es muss ermittelt werden, welchen Wert die ganze Vermögensmasse hat, deren Bruchteile die Pflichtteile sind. Diese Rechnung ist basierend auf der nachfolgenden Sachverhaltsdarstellung, nach durchgeführtem Beweisverfahren vorzunehmen.
Güterrechtliche Auseinandersetzung
Vorbemerkungen
Damit der Nachlass von […] und damit die umfangmässigen Ansprüche der Kläger bzw. die Quote, um welche die güter- und erbrechtlichen Zuwendungen an die Beklagte herabgesetzt werden müssen, festgestellt werden können, ist vorab die güterrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen. Die güterrechtliche Auseinandersetzung geht der erbrechtlichen voraus. Erst danach können der Nachlass des Erblassers und die Pflichtteilsansprüche der Kläger festgestellt werden.
Die Nachfolgende Darstellung basiert auf dem Sicherungsinventar vom 21. Juli 2014, welches vom Erbschaftsamt Höfe aufgenommen wurde, ergänzt mit Abklärungen der Kläger. Da die Verkehrswerte der Liegenschaften vorab gutachterlich festgestellt werden müssen, können die güterrechtliche Auseinandersetzung und die Feststellung der Pflichtteile erst nach Abschluss des Beweisverfahrens präzisiert werden. Entsprechend behalten sich die Kläger ausdrücklich vor, die nachfolgende Darstellung der güter- und erbrechtlichen Ansprüche nach Abschluss des Beweisverfahrens zu ergänzen bzw. abzuändern.
[…]
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