Tag 767 Stellungnahme zu Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

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Stellungnahme zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Sehr geehrter Herr Gerichtspräsident

Für die Möglichkeit, zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Gesuchsgegner vom 18. Februar 2016 Stellung nehmen zu können, danke ich bestens. Von dieser Möglichkeit mache ich nachfolgend gerne Gebrauch, wobei das Gesuch für jeden Gesuchsteller separat behandelt wird:

Vorbemerkung

Bereits vor dem Ableben von […] sel. sind die Gesuchsteller gemäss eigenen Angaben mit […] in Kontakt gestanden. Gemäss Anwaltsvollmacht vertritt sie die Gesuchsteller formell seit dem xx. xxx 2014 (drei Tage nach dem Ableben von […] und 14 Tage vor der Testamentseröffnung). Bis anhin entstand nicht der Eindruck, dass die Gesuchsteller mittellos sind. Im Gegenteil, obwohl ein sehr detailliertes Sicherungsinventar aufgenommen wurde, platzierten die Gesuchsteller dutzende aufwändige Anfragen bei Ämtern, Banken, Versicherungen usw. Die beauftragte Anwältin wurde offenbar angewiesen, diese auszuwerten und zu analysieren. Daraufhin folgten bis anhin eine Vielzahl von Schreiben mit weit über 100 zusätzlichen Fragen an meine Mandantin.

Meine Mandantin vertritt dezidiert die Meinung, dass es nichts mit Mittellosigkeit zu tun haben kann, wenn man sich über gut zwei Jahre von einem der teuersten Anwaltsbüros der Schweiz betreuen lassen kann. Es wäre ihrer Ansicht nach absolut stossend, wenn nun der Staat bzw. der Steuerzahler die Folgen dafür zu tragen hätte. Zudem sind beide Gesuchsteller wie auch der Ehemann der Gesuchstellerin 1 «top» ausgebildet und absolut in der Lage, einer Beschäftigung in einem 100%-Pensum nachzugehen.

Im Gegensatz zu den Gesuchstellern versuchte meine Mandantin vorerst auf eine anwalt-schaftliche Vertretung zu verzichten. Als dann aber die Beschuldigungen und Vorwürfe der Gesuchsteller schon fast abstruse Ausmasse annahmen, fühlte sich meine Mandantin im Herbst 2015 gezwungen, ebenfalls einen Anwalt beizuziehen.

Die Prüfung, ob die Voraussetzungen des Armenrechts gegeben sind, ist von Amtes wegen vorzunehmen. Die nachfolgenden Bemerkungen erfolgen daher nicht abschliessend.

Zum Gesuch der Gesuchstellerin 1

Die Gesuchstellerin war Ende 2015 […] Es ist davon auszugehen, dass sie in der Zwischenzeit das […] erlangt hat. Es wäre ihr zuzumuten, zumindest im Teilpensum zu arbeiten. Die Ausübung einer Berufstätig. keit war ihr denn auch bis Ende 2015 möglich. Es ist nicht zu sehen, wieso dies jetzt nicht mehr der Fall ein soll. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Prozesses erscheint es rechtsmissbräuchlich, dass sie keine Stelle antritt und das Gesuch um Armenrecht stellt (vgl. Emmel, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 3. Aufl. 2016, Art. 117 Rz. 4).

Die Gesuchstellerin geht von einem Einkommen ihres Ehemannes von brutto […] pro Monat aus. Es ist anzunehmen, dass der Ehemann […] Anspruch auf einen 13. Monatslohn hat und dieser nicht einberechnet wurde (vgl. dazu Emmel, a.a.O., Art. 117 Rz. 6). Unabhängig davon werden die Angaben der Gesuchstellerin mit Nichtwissen bestritten. Es fehlen ein aktueller Lohnauszug und ein Arbeitsvertrag. Es wäre die Obliegenheit der Gesuchstellerin gewesen, diese Unterlagen einzureichen. Es ist auch nicht bekannt, in welchem Arbeitspensum der Ehemann der Gesuchstellerin arbeitet. Es ist auch nicht bekannt, ob gesetzliche Kinder- und Ausbildungszulagen geleistet werden.

Die Gesuchstellerin will Hypothekarzinsen von monatlich Fr. 2’500.– berücksichtigt haben. Gemäss dem eingereichten Zins- und Saldoausweis betr. dem ZKB Hypothekardarlehen beträgt der Hypothekarzins monatlich jedoch bloss Fr. 1’354.– (4’064.– : 3). Amortisationen sind nicht anzurechnen (Emmel, a.a.O, Art. 117 Rz. 11). Unter diesen Umständen kann nicht nachvollzogen werden, wie sich der geltend gemachte Betrag zu-sammensetzt.

Die Gesuchstellerin rechnet unter dem Titel Krankenkassenkosten den Betrag von Fr. 800.–/Mt. an. Diese Kosten betragen jedoch gemäss den Unterlagen monatlich lediglich Fr. 782.30. Unabhängig davon berücksichtigt die Gesuchstellerin diverse Zusatzversicherungen, was nicht zulässig ist. Es ist lediglich die Grundprämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Abzug zu berücksichtigen.

Es wird bestritten, dass die geltend gemachten Versicherungsprämien berücksichtig werden können. Diese sind im Grundbetrag enthalten.

Im Grundbetrag macht die Gesuchstellerin den Betrag von Fr. 1’700.– geltend. Hierauf wird sie behaftet.

Die Gesuchstellerin macht beim Existenzminimum einen Zuschlag von 30%. Das ist nicht zulässig. Nur wenn es die individuellen Umstände des konkreten Einzelfalles ge-bieten, ist ein Zuschlag zu gewähren (Emmel, a.a.O, Rz 10). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Eventualiter wäre ohnehin nicht der Maximalzuschlag von 30% zu gewähren. Endlich kann der Zuschlag nur auf dem Grundbetrag (d.h. auf Fr. 1’700.-) gewährt werden

Weitere Kosten macht die Gesuchstellerin in ihrem Gesuch vom 18. Februar 2016 nicht geltend. Diese wären ohnehin nicht ausgewiesen.

Gemäss dem Antragsformular (D1.1) haben die Gesuchstellerin und ihr Ehemann neben dem Grundstück ein Vermögen von rund Fr. 30’000.–. Allein dieses Vermögen steht dem Gesuch um Gewährung des Armenrechts entgegen.

Es ist nicht bekannt, welchen Verkehrswert die Liegenschaft der Gesuchstellerin auf-weist. Die eingereichten Steuerunterlagen beziehen sich auf den Kaufpreis vom 3. Oktober 2013. Es muss davon ausgegangen werden, dass der Verkehrswert heute höher ist.
Es muss auch davon ausgegangen werden, dass die Liegenschaft höher belastet werden könnte. Eventualiter wäre auch eine Veräusserung zumutbar. Die Gesuchstellerin hätte daher die Möglichkeit, sich finanzielle Mittel zu beschaffen. Unter solchen Umständen ist die Gewährung des Armenrechts subsidiär.

Der vorliegende Prozess reduziert sich auf zwei Fragen: Einerseits ist die Verfügung von Todes wegen betreffend die Erbenstellung auszulegen. Andererseits ist die Fristwahrung für die Geltendmachung der Herabsetzungsklage umstritten. Aufgrund der heutigen Aktenlage ist nicht von einem kostspieligen Beweisverfahren auszugehen. Es stellen sich vorab überschaubare Rechtsfragen. Unter den gegebenen Umständen ist es der Gesuchstellerin zumutbar, die Prozesskosten (inkl. den Gerichtskostenvorschuss) selber zu tragen. Es kann nicht sein, dass unter den gegebenen Umständen der Steuerzahler für die Gerichtskosten aufkommen muss. Von der Gesuchstellerin kann erwartet werden, dass sie ihre Lebenshaltungskosten dem Prozessaufwand anpasst. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Gesuchsteller 1 und 2 die Anwaltskosten teilen.

Dies gilt auch für die Anwaltskosten. Bei der Prüfung, ob die Anwaltskosten bezahlt werden können, muss von einem Honoraransatz ausgegangen werden, der im Kanton Schwyz üblich ist. Zudem ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Gesuchsteller 1 und 2 die Anwaltskosten teilen. Sie müssen daher je nur die Hälfte bezahlen.

Unter den gegebenen Umständen sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Armenrechts nicht erfüllt.

Zum Gesuch des Gesuchstellers 2

Gemäss der Berechnung des Gesuchstellers 2 wurde ein monatliches Einkommen von brutto Fr. 5’200.– berücksichtigt. Gemäss seinen eigenen Angaben belaufen sich die Kosten seines notwendigen Lebensunterhaltes auf Fr. 3’900.–. Ihm verbleibt daher mo. natlich Fr. 1300.– zur freien Verfügung. Unter diesen Umständen kann nicht von Bedürftigkeit im Sinne von Art. 117 Bst. a ZPO gesprochen werden. Das Gesuch ist daher schon aus diesem Grund abzuweisen.

Die nachfolgenden Ausführungen erfolgen eventualiter.

Die unentgeltliche Rechtspflege ist subsidiär zu den Leistungen einer Rechtsschutzversicherung (Emmel, a.a.O, Art. 117 Rz. 5). Offenbar hat die Orion Rechtsschutz-Versicherung AG für den vorliegenden Fall Kostengutsprache geleistet (vgl. Ziffer 8 des Antragsformulars D1.2). Es ist iedoch unklar. ob die Rechtsschutzversicherung le diglich Fr. 500.– übernimmt. Es wird beantragt, dass die Police ediert wird.

Beim Lohn wurde offenbar der 13. Monatslohn nicht eingerechnet, was falsch ist.

Im Grundbetrag macht der Gesuchsteller 2 den Betrag von Fr. 1’100.– geltend. Hierauf wird sie behaftet.

Der Gesuchsteller 2 arbeitet offenbar zu einem Pensum von 80%. Es wäre ihm zuzumuten, mit Blick auf den vorliegenden Prozess sein Pensum auf 100% aufzustocken. Es erscheint rechtsmissbräuchlich, wenn er unter diesen Umständen das Gesuch um Armenrecht stellt (Emmel, a.a.O., Art. 117 Rz. 4).

Gemäss eigenen Angaben hatte der Gesuchsteller 2 ein Vermögen im Betrag von rund Fr. 30’000.–. Allein dieses Vermögen steht dem Gesuch um Gewährung des Armenrechts entgegen, zumal das Vermögen der Gesuchstellerin 1 ebenfalls zu berücksichtigen ist.

Auch hier gilt das oben unter Ziffer A.11 Gesagte. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Gesuchsteller die Gerichts- und Anwaltskosten teilen.

Unter den gegebenen Umständen sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Armenrechts an den Gesuchsgegner 1 nicht erfüllt.

Ich ersuche Sie höflich um antragsgemässe Entscheidung.

Mit vorzüglicher Hochachtung

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